Dolci Bomboniera

Triest: Stadt der Dolci

Die kulturelle und sprachliche Vielfalt im nördöstlichsten Winkel Italiens vereint auch kulinarische Welten in sich. Vor allem die k. u. k. Tradition ist in den Küchen und Backstuben der einstigen Habsburgerstadt immer noch präsent.

Wer nach Triest fährt, hat oft vorher schon ein klares Bild im Kopf – eine Art Sehnsuchtsradar wird aktiviert. Wir denken an die Rive, die berühmte Uferpromenade, und riechen bereits das Meer. Das Flanieren dort (aber nicht das Parkplatzsuchen) zählt zum Schönsten, was der „nahe Süden“ zu bieten hat. Danach lockt uns das lebhafte Centro Storico mit seinen wunderbaren Cafés sowohl zum Drinnen- als auch Draußensitzen. Triest-Besucher*innen beginnen ihre Tour gerne auf der Piazza Unità, die zu Recht als das schönste Wohnzimmer der Welt gilt – auf drei Seiten von geschichtsträchtigen Palazzi gesäumt, zum Meer hin offen und im Idealfall wohltuend sonnenbeschienen.

Die kulinarischen Genüsse der Hauptstadt Friaul-Julisch Venetiens spannen den Bogen weit: Sie reichen von den typischen bodenständigen Buffets mit allerlei gekochten Fleischsorten bis hin zu feiner, abwechslungsreicher Fischküche. Doch besonders die süßen Seiten der Kulinarik, darunter die Torten und Schnitten mit österreichisch-ungarischer Geschichte, ergänzt durch italienische und slowenische Dolci, bringen die Gaumenerlebnisse erst zur Vollendung.

Die drei großen P

Zu den berühmtesten Vertreterinnen der süßen Visitenkarte der Stadt zählen die drei historischen Süßgebäcke Pinza, Presnitz und Putizza. Sie sind so etwas wie das kleine Einmaleins der Triestiner Konditorkunst. Wer sie nicht beherrscht, braucht sich nicht pasticcere, Konditor, zu nennen. Und natürlich hatte und hat auch jeder Haushalt das einzig wahre Rezept – wie das eben so ist bei traditionsreichen Speisen!

Der Ursprung der Pinza liegt, so sagt man, in Triest und Gorizia. Sie ist ein Germteiggebäck, weder süß noch salzig, das man traditionell zu Ostern mit Schinken und Weißwein genießt. Ihre Oberseite wird drei oder vier Mal eingeschnitten. Der Wunsch „Bona Pasqua, bone pinze” lässt vermuten, dass es der Auferstehung gleichkommt, wenn eine gute Pinza auf den Tisch kommt.

Der Presnitz ist ursprünglich ein gefülltes Blätterteiggebäck, aber es gibt ihn auch als Varianten mit Mürb- oder Strudelteig. Die Fülle besteht aus Walnüssen, Mandeln, Pinienkernen, getrockneten Feigen, Pflaumen und Marillen oder kandierten Früchten, Rosinen, geriebener Schokolade, Zucker, Zimt und Rum. Bis heute ist der Presnitz ein beliebtes Festtagsgebäck zu Ostern und Weihnachten. Sein Name liefert übrigens seit Ewigkeiten Stoff für Legenden. Eine davon besagt, dass er auf den 1832 verliehenen „Preis der Prinzessin“ (gemeint ist Karoline Charlotte Auguste von Bayern) für das beste Gebäck zu ihren Ehren zurückgeht. Eine andere Definition spricht von einer Osterspeise slawischen Ursprungs – presenec.

Die dritte im Bunde, die Putizza, hat ihren Ursprung im Karst und ist so wie der Presnitz und die Pinza ein typisches Ostergebäck. Ihre Zubereitung ist insgesamt weniger anspruchsvoll, daher wird sie auch in Familien häufiger gebacken: Der Teig ist derselbe wie bei der Pinza, die Fülle ähnelt jener des Presnitz.

In Friaul-Julisch Venetien ist übrigens eine Verwandtschaft dieser Gebäckarten mit der Gubana (wie in Cividale üblich) offensichtlich. Allerdings wird beim Presnitz die Fülle nicht aufgestrichen, sondern als Rolle mit Teig umhüllt. Und – vielleicht noch wichtiger: Die Fülle des Presnitz ist saftiger – und so ist dieser weniger trocken als die Gubana. Zu Letzterer wird übrigens immer ein Stamperl Sliwowitz oder Grappa empfohlen, was auch dem Presnitz nicht schaden kann, behaupte ich.

Kaiserlich-königliche Genusswelt

Und dann sind da eben die berühmten k. u. k. Mehlspeisen, die in der Herstellung zu den schwierigsten der Patisseriekunst zählen. Unterschiedliche Texturen von knusprig bis cremig, wie bei der Piscinger (ja, so wird sie vor Ort geschrieben!), und aufwendige Schichtarbeiten wie die Dobos-, Rigójancsi- oder Esterházytorte erfordern besondere Fertigkeiten. Damals wie heute.

Um all diese kalorienreichen Segnungen ranken sich liebenswerte Geschichten, die seit jeher die Fantasie beflügeln und den Erfolg garantieren. So weiß man etwa, dass die Dobostorte, bestehend aus sechs hauchdünnen Teigschichten mit Schokoladenbuttercreme dazwischen und Karamellabschluss obenauf, vom ungarischen Konditormeister József Dobos erfunden wurde. Kaiser Franz Joseph und seine Sisi kamen 1885 anlässlich der Nationalen Generalausstellung in Budapest als Erste in den Genuss der süßen Kreation.

Oder auch, dass die Rigójancsitorte auf einem unschicklichen Verhältnis fußt: jenem zwischen dem ungarischen „Zigeunergeiger“ Rigó Jansci und der schwerreichen Amerikanerin Clara Ward, Ehefrau eines belgischen Fürsten. Die luftige, weiche Torte brachte den beiden zwar nicht viel Glück, uns Dolci-Liebhabern aber bis heute umso mehr.

Glückliche Fügung

Wie gut fügt es sich vor dem Hintergrund der bedeutenden Dolci, dass deren Lieblingsbegleiter ebenfalls in Triest fest verankert ist: der Kaffee. Die Dichte an Kaffeemarken, am berühmtesten wohl Illy, scheint unübertrefflich, allein im Stadtgebiet gibt es etwa zwei Dutzend Kaffeeröstereien. Das Faible für exzellenten Kaffee hat übrigens schon wieder Wurzeln in der gut 500-jährigen (1382–1918) Habsburgergeschichte der Stadt: Während der Regentschaft Maria Theresias wurde Triest zum wichtigsten Kaffeeimporthafen Mitteleuropas, und es ist heute noch einer der größten italienischen Handelsplätze für Rohkaffee.

Parallel entstand im 19. und 20. Jahrhundert eine Vielzahl an Kaffeehäusern, darunter einige, die heute noch erste Anlaufstelle für Kaffeekultur im Verbund mit dem Süßen sind: Ich denke, nur zum Beispiel, an das Antico Caffè San Marco, das Antico Caffè Torinese – oder das Caffè degli Specchi. Letzteres genau dort, wo wir unsere Reise begonnen haben, als elegantes Inventar des heißgeliebten „Wohnzimmers“ mit Blick auf die Rive und das Meer, den einzigartigen Ausschnitt des Golfs von Triest.

Die Triestiner*innen lieben ihre Sonnenuntergänge und genießen die Momente zum Innehalten und Staunen. Wir auch.

Meine persönlichen Triest-Tipps:

Anreise nach Triest

Mit dem Auto: Parken in der Innenstadt ist nicht zu empfehlen. Nervenschonender ist es, am Stadtrand kostenpflichtige Parkhäuser wie Saba Silos oder bewachte Parkplätze wie Molo 4 zu benutzen.

Mit dem Zug: Ab Wien und Graz gibt es eine direkte Verbindung mit der ÖBB. Innnerhalb der Region ist Triest etwa mit Palmanova oder Udine durch Trenitalia gut angebunden.

Mit dem Flixbus, zum Beispiel direkt ab Klagenfurt.

Mit dem Linienboot Delfino Verde: Im Sommer ab und bis Sistiana, ganzjährige Verbindung mit Muggia.

Mit dem städtischen Linienbus G51 beispielsweise ab Sistiana, mit zahlreichen Haltestellen entlang der Barcola bis ins Centro, zur Piazza della Libertà (Busterminal).

Süßes & Kaffee in Triest

Pasticceria La Bomboniera, Via Trenta Ottobre 3, 34122 Trieste: Feines von Esterházyschnitte bis Pinza.

Antica Tostatura Triestina, Piazza Venezia, 6/a, 34123 Trieste: Sehr gute Kaffeekultur in nettem, modernem Ambiente.

Caffè Sacher, Via Dante Alighieri, 1, 34122 Trieste: Neuester Ableger des Wiener Kaffeehausklassikers. Der Kaffee kommt jedoch aus Italien.

Trieste Coffee Festival: Jährlich stattfindend, im Jahr 2023: 29. Oktober bis 5. November.

Noch mehr Insidertipps gibt es hier:

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Fotos: Peratoner (1), alle anderen: Nicole Richter

2 Kommentare

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  1. Meine zweite Heimat Triest//Muggia!
    Habe dort bald eine Airbnb Wohnung zu vermieten für bis zu 6 Personen!
    Bin bald fertig mit den Umbauarbeiten!
    Super Großartiger Artikel über Triest werde ich mir gleich holen! Alles Gute lg. Js