Tuber aestivum var. uncinatum oder Burgundertrüffel

Trüffelwanderung, Graz

Die Trüffelbutter aufs Brot

Es ist föhniges, eher sonniges Herbstwetter angesagt. Kurz nach Ankunft bei der „Waldschule“ im Grazer Leechwald schüttet es wie aus Schaffeln. Die nasskalten Umstände lassen nur drei der Anwesenden ziemlich unberührt – Trüffelhundeführerin Marion Weissenbrunner und ihre beiden aufgeweckten Begleiterinnen. Riva ist ein Lagotto (auch „Trüffelhund“ genannt), eine italienische Rasse, die ursprünglich von Fischern aus der Gegend um Ravenna zum Apportieren eingesetzt wurde. Die wahrlich trüffelfarbene Hündin begrüßt manchen Besucher besonders herzlich und „küsst“ gerne, wie Marion lachend warnt. Die zweite Begleiterin, Waquny, ist cappuccinofarben und zarter, sie stammt von der holländischen Rasse Kooikerhondje. Diese wiederum kam traditionell bei der Entenlockjagd zum Einsatz, bevor man ihr Talent zur Trüffelsuche entdeckte.

Unsere kleine Truppe an Trüffelfans setzt sich auf dem weichen Waldweg in Bewegung, um gleich nach wenigen Metern wieder zu stoppen: Nein, die Trüffeln wurden nicht ausgelegt – das hatte Marion gleich zu Beginn klargemacht –, dennoch bereitet uns Waquny den Riesengefallen, dass wir ihn im Handumdrehen erleben dürfen: den ersten Fund einer Tuber aestivum var. uncinatum alias Burgundertrüffel.

Die Hündin saust weiter freudig durch den Laubwald – Haselnuss, Eiche, Buche und Hainbuche verbunden mit kalkhaltigem Boden sind das ideale Habitat für die Trüffeln. Waquny darf ihre „Spezialmission“ übrigens per Ausnahmegenehmigung ohne Leine erfüllen.

Wir erfahren von der Symbiose zwischen Bäumen und Trüffeln, die über das Mykorrhiza, ein Feinwurzelsystem, kommunizieren. Sie nähren und unterstützen einander wechselseitig, weshalb die Menge der Trüffelentnahme in den Grazer Stadtwäldern kontrolliert stattfindet und nur von Berechtigten durchgeführt werden darf.

Sobald die Hündin erste Anzeichen zum Buddeln macht, ist „Frauchen“ Marion zur Stelle, damit nichts unbeabsichtigt zerstört wird: Mit Trüffeleisen und Stoffsäckchen ausgestattet kniet sie sich auf den Waldboden und buddelt selbst weiter nach der dunklen, eher erdgleich aussehenden Knolle, die ausschließlich unterirdisch ihre Reife entwickelt. Kurz wird daran geschnuppert und die Festigkeit kontrolliert. Ist die Trüffel weich, ist der Wurm drin. Wir haben Glück, unser Abenteuer ist weiterhin von Erfolg gekrönt.

„Wir wissen nie, ob wir tatsächlich etwas finden. Das ist das Risiko. Aber seit 2017 hat es immer funktioniert“, berichtet Marion begeistert von ihrem Engagement für die Trüffelsuche und die „Nasenarbeit“ mit den von ihr speziell dafür ausgebildeten Hunden.

Bei jedem Fund gibt es von der Hundeführerin eine Belohnung für die Hündin. Das ist der Deal – oder die Symbiose. Nach sieben gefundenen Trüffeln in relativ kurzer Zeit darf sich Waquny etwas ausrasten, das bestimmt sie selbst und ganz natürlich. Die Suche ist für Hunde nämlich sagenhaft anstrengend, ihre Körpertemperatur erhöht sich dabei um circa zwei Grad.

Unsere Körpertemperatur hingegen hat sich weiter verringert und wir sehnen schon eine Kostprobe im Holzhäuschen mitten im Wald herbei. Doch zuerst müssen die Trüffeln noch gewogen, fotografiert und gewaschen werden. Für Letzteres benötigt man fließendes Wasser und ein Bürstchen, um die Erde zu entfernen. Danach werden die Pilze abgetrocknet. Nun sind sie bereit, um gerieben (besser als gehobelt, weil geschmacksintensiver) auf Broten zu landen. Als Grundlage dienen heute Verhackert und Butter, denn Trüffeln lieben „Fett, Wärme und Zeit“. Einen Tipp bekommen wir noch: Frische Trüffeln lässt man in warmer (und nicht heißer) Sahne ziehen, um sie danach mit Pasta zu vermengen.

Fehlt nur noch das passende Glas Wein, vielleicht ein kraftvoller Morillon aus der Südsteiermark oder ein floraler Arneis aus dem Weinbaugebiet Langhe im Piemont?! Diese perfekten „Trüffelweine“ erwarten uns später im Paradeishof in der Grazer Innenstadt. Dort gibt es beim internationalen Trüffelmarkt die geballte Trüffelpower mit edlen steirischen, italienischen und auch istrischen Trüffelprodukten.

Genussinfo

Geführte Trüffelwanderungen im Grazer Leechwald, 2.10.–9.11.2023

Internationales Trüffelfestival in Graz mit zahlreichen Aktivitäten und Partnerbetrieben, 23.10.–5.11.2023

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