Eine Stadt am Fluss hat von Natur aus Pluspunkte, finde ich. So zeigt sich die Hauptstadt Sloweniens gerne romantisch, grün und als idealer Ort zum lustvollen Herumstreifen. Und: Ljubljana ist ein heißer Tipp für kulinarische Entdeckungen.
Ich hatte sie schon länger nicht mehr besucht. Die Jahre sind verflogen, die Anziehung nicht. Ljubljana ist eine ewig Junge, wie mir scheint. Eine Stadt, die zu feiern versteht. Wild und (ein wenig) ungezähmt. Die Hauptstadt, welche die Liebe – slowenisch ljubezen – schon im Namen trägt, ist mit ihren rund 280.000 Einwohnern von Internationalität geprägt. Zahlreiche weltweit tätige Unternehmen haben sich angesiedelt und mit ihnen internationale Fachkräfte. Und, man merkt es auch am Stadtbild, die renommierte Universität hat circa 40.000 Studierende und Ljubljana damit viele junge Einwohner.
Genuss ist vielsprachig
Englisch wird in Geschäften und Lokalen durchwegs häufig gesprochen – nur auf dem Bauernmarkt, zwischen den Plätzen Vodnikov trg und Pogačarnev trg, eher nicht. Da komme ich selbst mit drei Sprachen oft nicht weiter, denn Slowenisch ist bedauerlicherweise nicht darunter. Aber alle helfen zusammen und so bekomme ich doch noch das Gewünschte – Fenchel, Stangensellerie, Kohlsprossen und eine Scheibe vom großen Kürbis, dem Langen von Neapel. Oder prachtvolle reife Kaki aus Koper und getrocknete Feigen. Ein Landwirt empfiehlt mir eine Art Lauch, zart und dünn, der mir jenseits der Grenzen, in Österreich oder in Italien, bis dato noch nicht begegnet ist. Großartig, wieder etwas Neues entdeckt.
Auf den Tischen türmen sich violett leuchtende Rotkrautköpfe, daneben Sarma, das gesäuerte Weißkraut für Krautrouladen. Ein Stück weiter Berge von Maroni, dazwischen Granatäpfel und gewöhnliche Äpfel, für besonders Sommersüchtige die letzten Erdbeeren. Alles ist farbenfroh auf Herbst getrimmt.
Am liebsten würde ich „von allem“ etwas mitnehmen, weil ich mir immer denke: Das habe ich zu Hause nicht! Und dann ist doch wieder der Kühlschrank zu klein und sind zu wenige Mägen da, um die ganzen Köstlichkeiten zu verspeisen.
Die Markthalle
Richtung Norden wird der Marktplatz durch das langgestreckte Marktgebäude mit den markanten Kolonnaden begrenzt. Es trägt, wie zahlreiche andere bedeutende Bauwerke der Stadt, die Handschrift des berühmten Architekten Jože Plečnik (1872–1957). Ebenerdig gibt es in der Markthalle ein vielfältiges Angebot rund um Fleisch, Brot, Wein, Käse, Pasta und vieles mehr. Im Untergeschoss befindet sich der Fischmarkt, den man schon riecht, während man über die Treppe nach unten wandert. Nur ist er in den vergangenen Jahren viel kleiner geworden, ich fürchte, die Adria gibt nicht mehr her. Ihre Schätze werden in jeder Hinsicht kostbarer. Die Ware ist unüberbietbar frisch – Goldbrassen und Seeteufel, Sepie und Adria-Garnelen, Drachenköpfe und Rotbarben liegen auf Eis und erwarten die Feinschmeckerkundschaft. In meinem Kopf entsteht schon der Oktopussalat, den ich am nächsten Tag zu Hause für meinen Liebsten zubereiten werde.
Wieder oben, im Freien vor der Markthalle, spielt es sich ab. Hunderte von Tischen und Stühlen reihen sich aneinander und sind an diesem sonnigen Samstagvormittag begehrter denn je. Kaum wird ein Platz frei, schnappen ihn sich schon die nächsten Gäste. Bis nur mehr die einfachsten, alten Weingläser übrig sind: Entschuldigung, ich habe keine anderen mehr, sagt die junge Kellnerin, ziemlich außer Atem.
Feiern & flanieren
Und sonst: Irgendein kulinarisches Fest gibt es das ganze Jahr über, die Themen reichen von BBQ über Cocktails bis hin zur Odprta kuhna, der „Offenen Küche“. Heute ist es das Fest zu Ehren des slowenischen Weins: Die „Ljubljanska vinska pot“ oder „Ljubljana-Weinstraße“ ist eine der wichtigsten Weinveranstaltungen des Landes. Verkostungsstände mit mehr als 300 Weinen reihen sich auf vielen Straßen und Plätzen des Stadtzentrums aneinander. Dazu gibt es Trüffel-, Salami- und Käsespezialitäten, Musik, Tanz und noch vieles mehr.
Bei einem Spaziergang nördlich des Stadtzentrums erinnert mich Ljubljana an Graz, die Vorstadtvillen aus der Gründerzeit, mit ihren Vorgärten und den schmiedeeisernen Zäunen, sind Zeugnisse „grenzüberschreitender Zusammenarbeit“. Manche der einstmals prachtvollen Häuser sind heute eher dem Verfall preisgegeben, wie schade, vielleicht rettet sie noch jemand. Gleich ums Eck glänzen die spiegelnden Flächen der Wolkenkratzer des Stadtzentrums, das gerne auch mondän ist. Banken, Hotels und Versicherungen finden in den futuristischen Gebäuden ihr standesgemäßes Umfeld.
Zum Flanieren bietet die Stadt reichlich Gelegenheit, es lohnt sich, die unmittelbare Altstadt ein wenig zu verlassen. So entdeckt man Kleinode in Form von Parks, Antiquitätenläden und Boutiquen. Ljubljana ist auch das Zuhause besonderer Tempel der Kochkünste. Seit Jahrzehnten als kulinarisches Aushängeschild gilt der international angesehene Spitzenkoch Janez Bratovž mit seinem Restaurant „JB“ (Miklošičeva cesta 19) in der Nähe des Bahnhofs.
Stadteinwärts reiht sich am linken Ufer des Flusses Ljubljanica ein Lokal ans andere. Bars, Eisläden, Gostilne, Restaurants sind voller Leben, die hör- und sichtbare Freude der Menschen ist ansteckend. Im Herzen der Stadt befindet sich nicht nur eines der meistfotografierten Motive, die rosarote Franziskanerkirche auf dem Prešernov trg/Prešeren-Platz, sondern verbinden die Drei Brücken (Tromostovje), ebenfalls von Plečnik geplant, die Flussufer.
Von Küchenkunst bis Orangewein
In einem der hübschen Innenhöfe, inmitten eines Ensembles etablierter Lokale wie dem „As“ (Čopova ulica 5a), findet man – wenn man gut Ausschau hält – den jüngsten Hotspot der Top-Cuisine: „Jaz by Ana Roš“. Die mit drei Michelin-Sternen ausgezeichnete Köchin ist eine der besten Küchenchefs der Welt und hat seit ihrem Netflix-Erfolg im Jahr 2017 die kulinarische Landkarte Sloweniens neu gezeichnet. Nun kuratiert sie mit viel Hingabe einen neuen Ort mit modernem Konzept, wo man nicht einfach isst, sondern erlebt. Wer es schätzt, speist an der Bar und tauscht sich persönlich mit der jungen Küchenbrigade aus. Ein Platz, an dem ich stundenlang verweilen kann – auch um mir das eine oder andere I-Tüpfelchen auf dem Teller abzuschauen. Chapeau!
Die Sonne scheint vom makellos blauen Himmel, die Menschen drängen sich auf den Plätzen und an den Ständen des sich prächtig entwickelnden Weinfests. Auch von den Drei Brücken südwärts geht das Schauspiel des Genusses weiter – Lokale und deren Gastgärten dominieren das Bild auf beiden Seiten des Flusses.
Ich schlendere bevorzugt auf der linken Uferseite hinunter, auf der anderen wieder hinauf, um schließlich zum Stari trg, dem Alten Platz, zu gelangen. Kurz davor könnte man über den Gorni trg, den kopfsteingepflasterten Oberen Platz, zur Burg Ljubljana hinaufspazieren, von der man einen erhebenden Ausblick genießt.
Ich beschließe aber, weiter zum Rathaus zu gehen. Dort erwartet mich nämlich in beeindruckender Beständigkeit meine Lieblingsweinbar: Movia. Der Eingang durch den Torbogen ist etwas trügerisch, denn er führt gleich in zwei Lokale. Wir halten uns jedenfalls links: Seit 1820 gibt es in der Goriška Brda das berühmte Weingut Movia von Aleš und Vesna Kristančič. Und immerhin schon seit 1990 besteht diese „Außenstelle“ in der Hauptstadt. Bei dem umfassenden Weinangebot aus Slowenien, Italien und Frankreich haben in der dunklen, heimeligen Vinothek Bio- und Naturweine den Vorrang. Unter den 35 bis 40 glasweise angebotenen Weinen gibt es immer mehrere Orangeweine. Ihr amberfarbenes Leuchten im Glas zeichnet wohl auch eines auf mein Gesicht.
Beseelt von all den kulinarischen Höhenflügen freue ich mich darauf, die Gaumenerlebnisse zu Hause „mit viel Liebe“ fortzusetzen. Das knusprig-flaumige Brot zum Oktopussalat habe ich zum Glück auch schon in der Tasche.
Meine persönlichen Ljubljana-Tipps:
Essen & Trinken in Ljubljana
Zentralmarkt, Vodnikov trg / Pogačarjev trg
Stände und Markthalle sind von Montag bis Samstag geöffnet. Die Lokale in und vor der Markthalle bieten auch Speisen und Getränke. Die zwei Plätze sind oft Veranstaltungsort kulinarischer Feste.
Movia, Mestni trg 2
Traditionelle Weinbar der Winzerfamilie Kristančič, auch internationales Weinangebot, kleine Imbisse. Schöner Gastgarten in der Altstadt.
Dvorni bar, Dvorni trg 2
Weinlokal mit guter Auswahl vorwiegend slowenischer Weine, zu essen gibt es Tapas, Burger, Salate etc. Bei passenden Temperaturen sitzt man draußen und erfreut sich am Leben auf dem Platz davor.
Jaz by Ana Roš, Čopova ulica 5a
Neuestes Restaurant der längst weltberühmten Vorzeigeköchin aus Kobarid (Hiša Franko).
Pekarna Ana, Slovenska cesta 30
Laut Ana Roš die „weltbeste“ Bäckerei – ihre eigene, mit wunderbarem Brot, Focaccia, Cruffins, Croissants.
Parken in Ljubljana
Überall kostenpflichtig, ideal im Stadtzentrum gelegen:
Parkhaus Kongresni trg, 3G23+6F Ljubljana, Slowenien
Parkhaus Šubičeva, 3F2X+GX Ljubljana, Slowenien
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