Vini Zorzon

Ein Dreamteam auf Achse

Die Weinstadt Cormòns im friulanischen Collio hatte schon in der Geschichte eine enge Beziehung zu Österreich. Aber das ist nicht der Grund, warum es bei Vini Zorzon heißt: Man spricht (auch) Deutsch.

Als Luigi Zorzon 1898 in Brazzano geboren wurde, bestand der Ort aus einigen typischen Steinhäusern, zwei Kirchen, einer Piazzetta und ausgedehnten Wiesen und Feldern. Und, absolut wertschätzend gemeint, heute sieht Brazzano nicht viel anders aus. Es gibt zwar keine kleinen Läden und Handwerker mehr. Dafür ein feines Restaurant und eine stattliche Anzahl namhafter Winzer. Und Brazzano gehört seit einem Jahrhundert zur Gemeinde Cormòns. Aber sonst …

Wer sich durch das Umland schlängelt und auf der Suche nach der Azienda Zorzon den Ort durchquert, findet sich auf schmalen Straßen wieder. Irgendwann, dank Orientierungssinn oder Navi, vor dem mächtigen Tor eines Weinguts, das im Lehrbuch für friulanische Agrarbauten stehen könnte.

Der junge Luigi Zorzon, Spross einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie, wurde einst „in die weite Welt“ geschickt: Um ihm eine angemessene Bildung zu ermöglichen, durfte er das Konvikt von Stift St. Paul im Kärntner Lavanttal besuchen. Brazzano, so wie Cormòns, gehörte zur Gefürsteten Grafschaft Görz, die von 1500 bis 1918 Teil des Österreichischen Küstenlandes unter den Habsburgern war. Insgesamt ein multikultureller Landstrich – geprägt von verschiedenen Ethnien. Italienisch-, Slawisch- und Deutschsprachige lebten lange Zeit gut miteinander.

Diese Art von Grün in Brazzano bzw. Cormòns lässt die Herzen der Weinliebhaber höher schlagen. Und in der Ferne thront das Kirchlein San Giorgio.

Ausgezeichnete Weine

Das Weingut, das Luigi Zorzon zu Beginn des 20. Jahrhunderts gegründet hatte, hat Giorgio 1988 direkt von ihm, seinem Großvater, übernommen – so wie die Liebe zum guten und ehrlichen Wein. Diese Bekenntnis schlug sich immer schon in zahlreichen Preisen nieder, die in Form von Urkunden die Wände des einladenden Weinkellers schmücken. Stolz zeigt Giorgio her, was in circa 100 Jahren alles ausgezeichnet wurde: vom „besten Tocai“ (1952) bis zum schönsten Exemplar Fleckvieh (Pezzata Rossa).

Heutzutage werden Besucher von Petra Lind und Giorgio Deganis empfangen. Die Freude am Tun teilt Giorgio mit seiner Ehefrau, die mit ihrem weststeirischen Blut zusätzliche Weinaffinität mitgebracht hat: Sie war einst begeisterte Friaul-Besucherin – wie zahlreiche andere, die hierherkommen. Bis zu jenem Tag, an dem sie Signor Deganis traf. Man sagt den Friulanern ja nach, dass sie verschlossen, nicht so leicht zu begeistern seien. Hier waren die Fakten sicher anders. Petra wurde 2007 zur Auswanderin der Liebe wegen. Und aus den beiden ein Dreamteam.

Wein plus Zimmer ist Agriturismo

Seit Petras Einstieg hat sich viel getan bei Vini Zorzon, im Herzen des beliebten Weinbaugebiets Collio, an der italienisch-slowenischen Grenze. Neben ihrem früheren Job als Lektorin an einer Privatschule in Gorizia baute sie das Marketing des kleinen Familienbetriebs aus.

Zum acht Hektar umfassenden Weinanbau kam ein Agriturismo mit zwei Doppelzimmern und einem Apartment dazu. Die „Domus Rustica“ war früher einmal, noch zu Opa Luigis Zeiten, ein Stadel. Heute lockt die heimelige Unterkunft Weingenießer, Radfahrer und Adrialiebhaber an. Das Meer ist bei gutem Wetter in Sichtweite. Und riechen tun wir Alpenländler es sowieso.

Auf der Anhöhe hinter dem lang gestreckten Gebäude ragt malerisch ein Kirchlein empor: San Lorenzo. Und noch ein Stück weiter oben, auf dem Colle, ein zweites: San Giorgio. Rundum das dichte Grün der Weingärten, das aber nur uns Besucher zum Entspannen und Durchatmen einlädt. Denn für Giorgio wie für Petra gilt: Sie sind stets auf Achse, bewegen sich gerne. Er hinaus in „seine“ Natur, in den Weingarten, zum Laufen, still sitzen macht ihn nervös. Sie am liebsten zu ihren Geschäftspartnern: Diese befinden sich nicht nur in halb Europa, sondern vor allem in den USA, in Japan und auch in Russland.

Der persönliche Kontakt bei Veranstaltungen und Messen ist für Petra das Herzstück der Arbeit, die Nähe zu Händlern, Importeuren und Privatkunden ihr „Geheimrezept“. „Wir geben immer unser Bestes. Wir wollen das fortführen, was wir schon immer gut gekonnt haben – hohe Qualität, vernünftige Preise und persönliche Betreuung zu bieten.“

Kurze Pause gefällig

Die Weine des friulanisch-steirischen Winzerpaares gelangen aber auch direkt ins Ausland: In der Nähe, etwa in der Steiermark oder in Kärnten, werden sie meist höchstpersönlich zugestellt.

Aber genauso gerne kommen die Kunden zu ihnen nach Brazzano. Dann gibt es eine Führung durch den Weinkeller, und wer will, kann einen Blick in die Zimmer werfen. Es wird Brot aufgetischt, manchmal feiner Prosciutto aus der Umgebung. Die Frische der typisch ausgebauten Weine beflügelt. Die autochthonen Weine wie Friulano oder Ribolla Gialla und auch der kräuterige Malvasia rinnen kühl die Kehle hinunter. In Rot gibt es Merlot und Cabernet Franc. Wenn wir genau hinsehen, entdecken wir auch hier das Kirchlein San Lorenzo, nämlich auf den Etiketten der hübschen Collio-Weinflaschen. Und sogar auf den Korken – sobald diese entblößt danebenliegen.

Man könnte auch einen abschließender Spaziergang in die Umgebung unternehmen. Ich aber bleibe lieber im Garten sitzen, am Tisch unter den Kirschbäumen. Wo sich die Gastgeber nun doch einmal Zeit für eine kleine Pause nehmen – und dabei überlegen, wohin die Reise (ihrer Weine) als Nächstes gehen soll.

Kontakt:

Azienda Agricola Zorzon, Via Sottomonte 75, Brazzano, 34071 Cormòns (GO)

Dieser Beitrag erschien erstmals am 22.5.2020 und wurde aktualisiert.

Fotos: Zorzon, Richter (2)


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