Zu Hause in Brazzano bei Cormòns sitzen und auf bessere Zeiten hoffen ist Petras Sache nicht. Die Mobilitätseinschränkungen durch das schon unaussprechliche „C…“ stellen sie auf eine harte Probe. Dass sie inmitten gesunder Natur und in der Lieblingsgegend vieler Österreicher lebt und arbeitet, ist für sie im Moment nur ein kleiner Trost.

Denn Petra kann zwar steirisches Osterbrot backen. Und Petra kann allerlei mediterrane Gerichte mit dem Gemüse aus dem riesigen eigenen Garten kochen. Aber am allerliebsten macht sie eines: sich bewegen. Sei es zum Sport oder um bei ihren Kunden zu sein. Diese befinden sich nicht nur in halb Europa, sondern vor allem in den USA, in Japan, in Russland.
Petra Lind, geboren in der ebenso schönen Weststeiermark, war einst leidenschaftliche Friaul-Besucherin wie zahlreiche andere auch. Bis zu jenem Tag, als sie Giorgio Deganis traf. Man sagt den Friulanern manchmal nach, dass sie etwas verschlossen, nicht so leicht zu begeistern seien. Hier waren die Fakten sicher anders. So wurde Petra 2007 zur Auswanderin der Liebe wegen. Und aus den beiden ein Dreamteam.
Seither hat sich viel getan bei Vini Zorzon, im Herzen des Collio-Gebiets, an der italienisch-slowenischen Grenze. Neben ihrem Job als Lektorin an einer Privatschule in Gorizia baute Petra das Marketing des kleinen Familienbetriebs aus.
Zum acht Hektar umfassenden Weinanbau kam ein Agriturismo mit zwei Zimmern und einem Apartment dazu. Die Domus Rustica ist ein wunderbar landestypisches Gebäude, das einmal ein Stadel war. Heute lockt die heimelige Unterkunft Weingenießer, Radfahrer oder Adrialiebhaber an. Das Meer ist ja bei gutem Wetter in Sichtweite. Und riechen tun wir Binnenländer es sowieso.
Wer sich über die ruhigen Sträßchen dem Weingut mit dem großen Tor davor nähert, spürt sofort das friulanische Flair. Es ist die Gastfreundschaft, die sich hier überall ausbreitet. Auf der Anhöhe hinter dem langgestreckten Haus ragt malerisch, fast wie privat, ein Kirchlein empor: San Lorenzo. Und noch ein Stück weiter oben, auf dem Colle, sogar ein zweites: San Giorgio.

Rundum das dichte Grün der Weingärten, das aber nur die Besucher zum Entspannen und Durchatmen einlädt. Denn für Giorgio gilt Ähnliches wie für Petra: Er will auf Achse sein, sich bewegen. Hinaus in „seine“ Natur, in seinen Weingarten. Still sitzen macht ihn nervös.
Seit 1988 schon ist er hier Chef, da hat er die Azienda von seinem Großvater Luigi Zorzon übernommen. Als dieser 1898 geboren wurde, war das östliche Friaul schon jahrhundertelang Teil des Habsburgerreichs. Und so kam es, dass der Großvater das Gymnasium im Benediktinerstift St. Paul im Lavanttal besuchte. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gründete er dann das Weingut. Eine echte altösterreichische Familiengeschichte also.


Mit reichlich Stolz und Emotion berichtet Giorgio seinen Gästen darüber, zeigt Bilder und Fotos an den Wänden, wenn er in seinem Weinkeller zum traditionell eingerichteten, gemütlichen Verkostungsraum führt.
Die Frische der sehr typisch ausgebauten Weine holt wieder in die Gegenwart zurück: die autochthonen Friulano (alias Tocai), Ribolla Gialla oder Malvasia rinnen kühl die Kehle hinunter. In Rot gibt es Merlot und Cabernet Franc.
Wer genau hinsieht, entdeckt auch hier San Lorenzo, nämlich auf den Etiketten der hübschen Collio-Weinflaschen. Und sogar auf den Korken – wenn sie dann entblößt danebenliegen.

Wer will, kann jetzt noch im Garten am Tisch unter den Kirschbäumen rasten. Dort nehmen sich auch die Gastgeber manchmal Zeit für eine Pause.
In diesen Tagen allerdings ist vieles anders, die Gäste werden hoffentlich bald wieder kommen. Und bis dahin, so erzählt Petra, hat sie den Fokus ihrer Arbeit neu ausgerichtet, um mit und bei ihren Kunden zu sein: Sie ist viel am Computer und kommuniziert eben über Social Media.
Ihre Nähe zu Händlern, Importeuren und Privatkunden scheint ihr „Geheimrezept“ zu sein: „Wir sehen einer ungewissen Zukunft entgegen, aber geben unser Bestes um neue, der aktuellen Situation angepasste Strategien zu entwickeln. Wir wollen das fortführen, was wir bis dato immer gut gekonnt haben – hohe Qualität, vernünftige Preise und persönlichen Kontakt.“
Das Kirchlein San Lorenzo ist geblieben – und omnipräsent.
Die Weine des friulanisch-steirischen Winzerpaares von „Vini Zorzon“ gelangen jedenfalls auch jetzt problemlos ins Ausland. In der Steiermark oder in Kärnten wird sogar – höchstpersönlich – zugestellt. So viel zum Thema Nähe.
Kontakt: Azienda Agricola Zorzon, Via Sottomonte 75, Brazzano, 34071 Cormòns (GO); Tel. Giorgio Deganis: +39 338 244 2059, Petra Lind: +39 339 717 1179, +43 664 453 5710; www.zorzon.it
Fotos: Zorzon, Richter (2)