Barriquekeller Tenuta Stella

Die bunte Welt der Bioweine in Friaul-Julisch Venetien 

Normalerweise kennen wir die Weinwelt als weißes und rotes, manchmal roséfarbenes oder auch oranges Farbenspiel. Doch es geht noch bunter: dort, wo im Weingarten die Blumen blühen. Sehen wir uns also an, wo der Biowein wächst.

Biowein in Zahlen

Die enge Verbundenheit der nordöstlichsten Region Italiens – Friaul-Julisch Venetien – mit dem Wein ist bekannt: Doch wie steht es um den Biowein? Welche Bedeutung hat er und was sagen die Biowinzer über ihre Rolle?

Werfen wir vorab einen kurzen Blick in die Zahlenwelt: Italien ist mit 130.000 Hektar einer der international größten Bioweinproduzenten, in guter Gesellschaft mit Frankreich und Spanien. Der Anteil der Rebflächen beträgt an die 23 Prozent – und er wächst jährlich. Innerhalb Italiens befindet sich Sizilien an der Spitze, wo schon fast die Hälfte des Weinbaus biologisch zertifiziert stattfindet. Danach folgt die Toskana. 

In Friaul-Julisch Venetien sind von etwa 2000 Weinproduzenten circa 400 auf die ökologische Weinherstellung umgestiegen. Doch sind die Flächen (noch) klein, wodurch der biologisch zertifizierte Weinbau etwa 9 Prozent der Gesamtproduktion ausmacht.

EU-Biozertifizierung – kurz & bündig

  • Logo: Grünes Blatt aus Sternen auf grünem Hintergrund, EU-weit verpflichtend seit 2010
  • Inhaltsstoffe: Mindestens 95 % landwirtschaftliche Zutaten aus Bio-Anbau
  • Ausgeschlossen: Gentechnik, synthetische Pestizide & Düngemittel, Bestrahlung
  • Kontrollen: Mindestens 1× jährlich durch anerkannte Kontrollstelle
  • Transparenz: Codenummer der Kontrollstelle + Herkunft („EU-Landwirtschaft“ / „Nicht-EU“)
  • Weinbereitung: Bio auch im Keller – z. B. reduzierte Schwefelwerte, keine Zusatzstoffe aus Gentechnik

Warum eigentlich Biowein

Die Gründe, warum sich Winzer für den Bio-Weg entscheiden – und manche schon seit Jahrzehnten biologisch arbeiten –, sind meist tief in ihren persönlichen Werten verwurzelt, wie sie mir erzählten: Respekt gegenüber Mensch und Natur, die Überzeugung, dass weniger Chemie allen besser tut, und der Wunsch, den eigenen Grund und Boden zu schützen.

Aktuell kommt ein weiterer Anreiz hinzu: Weltweit – vor allem in Deutschland, Skandinavien, USA und Kanada – steigt die Nachfrage nach Biowein. Und viele Weingenießer sind bereit, die meist höheren Preise der Bioweine zu bezahlen. Also – tutto bene? Sehen wir genauer hin – in exemplarischer Form bei drei Winzern aus ganz unterschiedlichen Weinbauzonen in Friaul-Julisch Venetien.

Ein Pionier der Bioweine: Arcania 

Einer der ersten Biobetriebe der Region ist das Weingut Arcania in Rive d’Arcano: Dort, wo das Castello di Arcano Superiore aus dem 12. Jahrhundert mystisch auf einem Hügel thront – und mich ein wenig an Schottland erinnert. Doch wir befinden uns unweit von San Daniele. 1961 hat der Großvater, sagt Paolo Taverna Tedesco, der heutige Besitzer, das Anwesen von den Conti d‘Arcano gekauft.

Das Weingut „Arcania“, gleich neben dem Schloss gelegen, gibt es seit 1996. Die Rebflächen sind über Friaul verteilt und umfassen insgesamt 40 Hektar. Alle umgeben von großzügigen eigenen Ländereien, also Wäldern, Olivengärten und anderen Agrarflächen. Ideal, um keine „Fremdeinträge“ zu riskieren. 

Produziert werden derzeit an die 60.000 Flaschen pro Jahr: Die autochthonen Rebsorten wie Friulano, Refosco und ein lieblicher Verduzzo, aber auch internationale Rebsorten, sind im Stahltank ausgebaut. Nur der Pignolo darf 18 Monate im großen Holzfass reifen. Aktuell ist der Jahrgang 2016 im Verkauf – also schnell sein, wer noch eine Besonderheit ergattern will. 

Ein Großteil des Weins geht übrigens an die italienische Biosupermarktkette NaturaSì. Viele private Kunden kommen seit Ewigkeiten persönlich zum Weingut, um ihren Lieblingswein zu holen. Verkostungen sowie Besichtigungen im danebenliegenden Schloss sind übrigens auf Anfrage möglich.

Noch eine Besonderheit gibt es hier: Seit 15 Jahren ist Arcania Spezialist für sulfitfreie Weine und damit Haus- und Hoflieferant für all jene, die schon befürchtet hatten, nie wieder Wein trinken zu können. Hier werden sie glücklich.

So wie der junge Önologe Federico Mattiussi, der sich schon während seiner Ausbildung auf Bioweine spezialisiert hat: Er glaubt fest an deren Zukunft. Ach ja – und für das perfekte Match zum Prosciutto di San Daniele gibt es für ihn nur einen Partner: den Friulano (von Arcania).

Arcania, Località Arcano Superiore 11/c, 33030 Rive d’Arcano, www.castellodiarcano.it


Der Sonneninsel entgegen: Puntin 

Historischer Szenenwechsel. Vorbei an den bedeutungsvollen Ausgrabungen von Aquileia, in einer ruhigen Straße in der Bassa friulana, der Schwemmebene zwischen Alpen und Adria. Ein traditionelles Wohnhaus mit modernem Anbau und stimmungmachenden grünen Glasballons davor. Hier befindet sich der schöne Verkostungsraum von Familie Puntin. 

Bei dieser idealen Lage nahe Grado finden viele Kunden, hauptsächlich aus Österreich und Deutschland, direkt her. Und: Sie kennen sich aus beim Wein, wie ich gleich zu Beginn unseres Gesprächs erfahre.

„Vini Puntin“ ist der kleinste Betrieb im Weinbaugebiet Aquileia. Mit 5 Hektar Rebfläche, weiteren Agrarflächen für Feldbau und einer Jahresproduktion von 25.000 Flaschen hat das Mini-Team – Dario und seine Ehefrau Monica – alle Hände voll zu tun. Denn Marketing inklusive „Storytelling“ und Social-Media-Arbeit sowie natürlich der Vertrieb gehören heute auch zum „Bauersein“, wie Monica betont. Angeboten werden vier Weiß- und vier Rotweine, plus jeweils eine Cuvée. Degustationen, wenn gewünscht mit friulanischer Jause, gibt es auch auf der privaten Terrasse auf Vorbestellung.

Dario ist stolz auf seine Zertifizierung als Bioweinbetrieb seit 2019, auch wenn sie mehr Aufwand und Arbeit bedeutet: „Es ist machbar“, sagt er. Sorgen bereitet ihm nur die Nachfolge – noch zeigen die beiden Töchter keine Ambitionen. Ein Problem, dem sich in den kommenden zehn bis fünfzehn Jahren viele Weinbauern werden stellen müssen, ist er überzeugt. Und noch etwas gibt er mir mit auf den Weg: „Weine müssten gekennzeichnet werden, wenn sie konventionell hergestellt sind. Standard müsste das Biologische sein.

Vini Puntin, Via San Zili 14, 33051 Aquileia, www.vinipuntinaquileia.com


Sternstunden mit Ausblick: Tenuta Stella 

Wieder hügelwärts unterwegs, diesmal in den Collio. Dorthin, wo zu Zeiten der österreichisch-ungarischen Monarchie der Obstbau mit Kirschen und Zwetschken dominierte, und der Wein noch lange nicht im Mittelpunkt stand.

Am Ende einer ländlichen schmalen Straße liegt ein sorgsam renoviertes Weingut, in dem die Besitzerfamilie Stevanato eher im Hintergrund agiert: Sie sind Unternehmer aus Venedig mit langer Tradition in der Glasindustrie. 2009 haben sie hier einen alten Bestand „gerettet“ – die ältesten Tocai-Rebstöcke sind sagenhafte 90 Jahre alt. Ähm, auf der Flasche steht natürlich Friulano. Außerdem gibt es noch Ribolla Gialla, Malvasia, Pinot Nero …und: „Sdencina“. Der Parade-Rote des Weinguts kommt aus einem gemischten Weingarten und ist damit ein Uvaggio. Er besteht aus sage und schreibe fünf Rebsorten: Schioppettino, Refosco, Pignolo, Tazzelenghe und Merlot.

Die Weine aus 50.000 Flaschen Jahresproduktion sind großteils mazeriert, also maischevergoren, und stammen von Flyschböden (Ponca). Zwei Spumanti werden nach Champagner-Methode hergestellt.

Die 15 Hektar Rebfläche der Tenuta Stella sind seit 2016 biozertifiziert und liegen eingebettet zwischen eigenen Wäldern und Feldern. Die Gegend war einst durch gesellschaftliche Veränderungen stark abgesiedelt, wie mir Önologe Gabriele Venuti berichtet. Besonders in der Nachkriegszeit zog es viele ins sogenannte Sesseldreieck bei Manzano, wo die Arbeit mehr Geld versprach. Doch allmählich besinne man sich wieder auf die eigenen Wurzeln und starte neue Initiativen. 

„Zum Glück interessieren sich auch junge Menschen für Wein und buchen gerne Degustationen. Dennoch werden die nächsten Jahre eine Herausforderung“, erklärt der – ebenfalls junge – Gabriele und spricht damit den generell rückläufigen Weinkonsum an. Aber die Statistiken zeigen auch: Es werden dafür hochwertigere Weine getrunken. 

So sind die Kunden bei der Tenuta Stella gut aufgehoben – vorwiegend Österreicher, Deutsche und Italiener. Praktisch: Der Weitwanderweg „Cammino Celeste“ führt direkt an der Haustür vorbei – und sicher so manchen Wanderer gleich hinein.

Tenuta Stella, Via Sdencina 1, 34070 Dolegna del Collio, www.tenutastellacollio.it


Weitere herausragende Biowinzer in Friaul-Julisch Venetien


Vigna Lenuzza

Ein familiäres Weingut mit dem Extra-Kick: Der Winzer Daniele Lenuzza steht für Bioweine mit Anspruch – die südafrikanische Ehefrau bringt zusätzliches Wein-Know-how (und Weine) mit. Innovative Degustationspakete in der edlen Degusteria am Weingut sind im Voraus zu buchen. 

Via Brolo 51, 33040 Prepotto, www.vignalenuzza.it


Bruna Flaibani Riviere

Flaibani

Als Power-Woman-Show macht Bruna Flaibani in der Nähe von Cividale ungewöhnliche biodynamische Weine, die bisher Gekanntes auf den Kopf stellen. Die „Weinflüsterin“ hätschelt ihre antiken Rebstöcke und ist seit 2012 biozertifiziert. Mein persönlicher Tipp: Pinot Grigio Ramato.

Loc. Casali Costa 7, 33043 Cividale del Friuli, www.flaibani.it


Elio Vini

Die familiengeführte Azienda produziert eine Vielzahl an Weinen, unter anderem aus rund zehn historischen Rebsorten. Verlockend: der nach Erdbeeren und Himbeeren duftende „Laude“, ein Rosé Spumante, der gleich im Nachbarort versektet wird – nach dem Prinzip kilometro zero!

Via Premariacco 104, 33043 Cividale del Friuli, www.facebook.com/Eliovini


Verkaufsraum Mr. Bio

Mr. Bio

An der Straße zwischen Latisana nach Lignano fällt ein schwarzes Gebäudeensemble ins Auge: Weinbar & Shop des Familien-Bioweinguts, das seine Flächen auf 220 Hektar in Friaul verteilt hat. Alles besonders schick designed und qualitätsvoll – auch die Flaschen und ihr Inhalt. 

Via Lignano Sud 7, 33053 Latisana, misterbiowine.com 


Dimitri Cacovich

In Longera, praktisch vor den Toren Triests, produziert der junge Winzer sieben Weine, darunter die autochthonen Vitovska, Refosco und Terrano. Außerdem schöne Cuvées: Stenčnik und Narjoušna. Der Ururgroßvater hat hier im Jahr 1900 die erste Osmiza eröffnet.

Strada per Longera 328, 34128 Longera, www.cacovich.it

Osmiza-Schild

Castelvecchio 

Das herrschaftliche Anwesen im gorizianischen Karst bietet einen majestätischen Ausblick über die friulanische Ebene. In der Foresteria kann man die biologisch produzierten Weine am Wochenende vor Ort genießen – je nach Witterung draußen oder drinnen: Neben Vitovska und Malvasia, Terrano und Refsoco gibt es eine weitere große Auswahl. Verkostungen sind jederzeit auf Anfrage möglich. Aus der Biolandwirtschaft kommen auch Olivenöl und Honig

Via Castelnuovo 2, 34078 Sagrado, castelvecchio.com/biologico


Cantina TreZero

Winzer Alessio Gri und seine Freunde gründeten das Projekt im Jahr 2016, die erste Lese gab es 2023. Verarbeitet werden ausschließlich Piwi-Rebsorten, hier kommen die pilzwiderstandsfähigen Setzlinge aus der berühmten Rebschule Rauscedo. Abgesehen von der Biozertifizierung in Weinbau und Weinbereitung wird das gesamte Weingut auf höchstem Niveau nachhaltig geführt – vom Gebäude bis zur Verpackung. 

Die Weine, besonders elegant und frisch, tragen Fantasienamen – das ist im friulanischen Weingesetz so vorgesehen. Es gibt neben Weiß und Rot auch einen Rosé, einen Orange – dieser schmeckt nach reifen Früchten –, und einen Spumante nach „Metodo ancestrale“. Ganz nach dem Motto: Alles, außer gewöhnlich.

Via Tabina 3, 33098 Valvasone Arzene, 3zero.it


Noch mehr über das nahe Paradies:

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