Der Wörthersee in Kärnten ist bekannt für sein türkisblaues Wasser, südliches Flair und eine gute Portion Promi-Glanz. Doch er kann auch still – und genau das habe ich gesucht. Per Schiff ging es sanft von Ort zu Ort, von Ufer zu Ufer. Daraus wurde: ein Drei-Gänge-Menü als genussvolle Reise rund um den See. Im eigenen Tempo, als Einladung zum bewussten Erleben. Und jede Menge türkise Momente, die in Erinnerung bleiben.
Wörthersee Ostbucht, Friedelstrand in Klagenfurt
Abfahrt Punkt 10 Uhr: Leinen los für einen Tag am Wasser, genauer gesagt auf dem Wörthersee. Nein, wir sind weder Motorbootfahrer noch Segler. Vielmehr lassen wir uns heute per Wörtherseeschiff über den fotogenen See führen. Vier Linienkurse gibt es täglich – entspannt und mit bestem Ausblick.
Wer sich, wie ich, an Türkis nicht sattsehen kann, ist hier genau richtig. Diese Sehnsuchtsfarbe – für mich der Inbegriff von Sommer – erinnert an Sardinien oder die Karibik, doch es gibt sie auch in Österreich. Im nahen Süden, einfach und ohne weite Anreise zu erreichen.
Mediterran an Österreichs südlicher Grenze
Hier, wo Österreich an Italien und Slowenien grenzt, zeigt sich das Leben schon recht „mediterran“. Die Einflüsse, nicht nur aus der Geschichte, machen sich in Kärnten tagtäglich bemerkbar. Zwei Handvoll Gebirgszüge, mehr als 1000 Seen und 130 Hektar Weinbaufläche prägen die Landschaft. Die Küche „spricht“ häufig Italienisch. Und die offiziellen Landessprachen sind Deutsch und Slowenisch.




Wörthersee-Türkis und Aperol-Orange
Auf unserem heutigen Transportmittel geben sich hauptsächlich Touristen den erfrischenden türkisen Farbrausch. Nur in ihren Gläsern leuchtet es orange: Das Schiff hat gleich mehrere Bars – und es scheint, als gäbe es kein Morgen ohne Aperol.
Mein Friulaner und ich, erklärte Genussmenschen, bleiben – noch – asketisch und laben uns an der Aussicht. Die verschiedenen Decks des Ausflugsschiffs bieten viele Perspektiven. Ich sause treppauf und treppab, mal steuerbord, mal backbord – und blicke tief ins Seewasser, das im Minutentakt seine Farbe wechselt. Ein paar Wolken hängen noch über dem morgendlichen Himmel, und die Sonne blinzelt zögerlich hervor. Das Farbspektrum changiert zwischen Dunkelgrün, Smaragdgrün und beinah kitschigem – Türkis.
Natur pur zum Eintauchen
Etwas trunken von dem Naturschauspiel behalte ich trotzdem das Programm im Blick: unser ganz persönliches Wörthersee-Menü. Vorspeise, Hauptgang und Dessert werden wir an drei verschiedenen Stationen unserer Seerundfahrt genießen. Und natürlich wollen wir nicht nur auf dem See sein, sondern auch darin – und in sein glasklares Wasser eintauchen. Ein Wachtraum jedes einzelne Mal.

Zeitlose Schönheit: Maria Wörth
An unserem ersten Stopp, Maria Wörth, am Südufer gelegen, steigen nur wenige Menschen aus. Der putzige Wallfahrtsort, von dem der See seinen Namen hat, hüllt sich um diese Uhrzeit noch in Stille. Oben beim Kirchlein, das seit bald einem Jahrhundert Postkarten und auch schon ewig Handyurlaubsfotos schmückt, findet gerade eine Hochzeit statt.
Über den sonnig gelegenen Friedhof gelangt man hinunter zum Seeufer. Es zieht mich magisch dorthin, denn hier befindet sich einer der türkisesten Flecken am Wörthersee. „Che paradiso“, ruft mein Friulaner begeistert. Baden können da allerdings nur ein paar Wasservögel. Und ein Stück weiter auf dem wunderbar schattigen Weg weist eine Tafel darauf hin, dass ab hier alles „privat“ ist – wie so vieles am Wörthersee.
Das winzige Zentrum von Maria Wörth birgt einen Souvenirladen, ein großes Hotel – und gleich mehrere Gastronomiebetriebe. Bei gutem Wetter haben alle geöffnet, und so hat man die Wahl. Ein Imbiss unten am See mit direktem Blick aufs Wasser. Ein kleiner Happen auf dem Platz, von dem aus man überblicken kann, wer kommt und wer geht. Oder etwas Feineres in der noblen Bar – wo man sogar die Füße ins Wasser tauchen könnte.




Genussadressen in Maria Wörth
- Potpourri Bistro, Lindenplatz 1, 9082 Maria Wörth
Sympathisches Lokal mit schönem Gastgarten, modernen Möbeln. Stets im Blick ist das romantische Marterl (Bildstock). Hier gibt es hausgemachten Kombucha, Illy Kaffee, Pinsa mit Ziegenkäse und frischen Feigen, Eis, Roastbeef im knusprigen Focaccia-Weckerl, angenehme Hintergrundmusik.
- Linde Seebar und Linde Restaurant im Hotel Linde, Lindenplatz 3, 9082 Maria Wörth
Elegantes, aber gastfreundliches „offenes“ Hotel mit 2 À-la-carte-Restaurants, einer der besten kulinarischen Plätze am Wörthersee. Die Seebar, zum Beispiel mit hervorragenden Sushi, hat ab 12 Uhr geöffnet.
- Flaschenpost Café Bistro, Schiffsplatz 3, 9082 Maria Wörth
Gastgarten gleich bei der Anlegestelle, angeboten werden kulinarische Schmankerl wie Spareribs und Muscheln (wochenends), Kärntner Jause und verschiedene Kleinigkeiten.
Romantik und bunte Blumen: Pörtschach
Zwei Stunden später sind wir pünktlich zurück am blumengeschmückten Steg, wo sich bereits weitere Fahrgäste in einer Traube sammeln. Das Schöne hier: Man sieht das Schiff schon kommen – ganz anders als beim Zugfahren, wo nur eine Lautsprecherstimme das Ende des Wartens ankündigt. Manchmal ertönt das tiefe Horn der Wörtherseeschiffe – es hat wohl Funktion, macht aber auch Stimmung.
Unsere Weiterfahrt ist nur kurz, denn das Prinzip unseres Tagestickets heißt hop-on, hop-off. So wechseln wir auf die andere Seeseite und steigen gleich wieder in Pörtschach Landspitz aus. Diese verwunschene Ecke des Wörthersees strahlt das ganze Jahr über ein besonderes Flair aus. Vielleicht liegt es am romantischen Gazebo, einer grün-weißen Holzkonstruktion, die uns glauben lässt, hier sei der Kaiser bei seiner Sommerfrische gesessen.
Ein Bad im Landschaftsschutzgebiet
An einem heißen Sommertag wie diesem sind die danebenstehenden Parkbänke vollbelegt mit Gewand, Badesachen und Schwimmflügeln. Kleine Sandbänke im Schilfgürtel um die Pörtschacher Halbinsel geben den See frei für einen Sprung ins Wasser. Liegemöglichkeiten gibt es offiziell keine, aber der kleine Park bietet Schatten und so strecken sich da und dort Menschen unter den Bäumen aus. Türkis ist der See auch hier.
Hält man sich nach dem Aussteigen links, kommt man zum öffentlichen Promenadenbad der Gemeinde Pörtschach, das mitten in einem Landschaftsschutzgebiet liegt. Vom wunderschönen, auch familientauglichen Bad führt eine 100 Meter lange Holzbrücke auf die davorliegende sogenannte Blumeninsel. Wer dort ins Wasser gleitet, fühlt sich wie in einem Social-Media-Video mit Filter, so intensiv leuchtet das Wasser. Nur ist hier alles echt.
An der Pörtschacher Promenade
Zu Fuß lässt es sich relaxed am Ufer weiterflanieren, im Mai und Juni blühen an der „Blumenpromenade“ üppig die rosafarbenen Kletterrosen – besonders zauberhaft und entsprechend ein beliebtes Fotomotiv.
Vorbei am Parkhotel reihen sich zahlreiche Hotels und Lokale aneinander. Auf der Seeseite entdeckt man das eine oder andere nostalgische Bad mit schmuckem Holzhäuschen, das wahre Familiensilber der alteingesessenen Pörtschacher Pensionen.
Am Ende der Promenade befindet sich die Anlegestelle Werzer – und gleich dahinter das Restaurant des namengebenden Hotels Werzer. Die prominent platzierten, eleganten Loungemöbel laden zwar verführerisch auf ein kleines Nickerchen ein – aber nein: Unser Wörthersee-Genusstrip geht bald weiter.




Genussadressen in Pörtschach
- Café Restaurant Bootshaus, Werzerpromenade 8, 9210 Pörtschach am Wörthersee
Erste Reihe fußfrei lässt sich hier bestens ein frisch gezapftes Bier genießen. Außerdem „Alpen-Adria-Küche“ – das Speisenangebot reicht von Wiener Schnitzel bis hin zu Oktopus.
- Die Salzerei, Marienstraße 4–6, 9210 Pörtschach am Wörthersee
Die freundliche Chefin serviert Kaffee, Bioweine, Snacks in hübschem Ambiente. Nur einen Katzensprung vom Seeufer entfernt. Kundenfreundliche Preisgestaltung, ganzjährig geöffnet.
Von F. X. Mayr bis Wörtherseearchitektur
Die Sonne scheint mittlerweile kräftiger vom Himmel, obwohl sich in unserer Fahrtrichtung dunkle Gewitterwolken auftürmen. Noch sehen sie aber nicht bedenklich aus. In Dellach legen wir nur kurz an. Die Stimme aus dem Off ertönt wieder: eine professionelle Tonbandstimme, die während der gesamten Fahrt in drei Sprachen von Sehens- und Wissenswertem erzählt. An dieser Stelle erfahren wir Details zum F. X. Mayr-Hotel und dem angrenzenden Golfplatz – dem angeblich anspruchsvollsten Österreichs. Ich habe gut aufgepasst, denke ich.
Am Nordufer des Wörthersees erstreckt sich hoch oben, zum Glück eher unauffällig, die Autobahnraststätte Techelsberg. Darunter das hübsche Bad Saag, und bald darauf blitzt das Kraftwerk Forstsee in elegantem Cremeweiß aus der Uferlinie hervor. Das Gebäude, im Stil der sogenannten Wörtherseearchitektur erbaut, erinnert an eine Villa und kann besichtigt werden. Außerdem bietet es ungewöhnlichen Raum für Kunstausstellungen und andere Events.
Geplant wurde das Schaukraftwerk in den 1920er-Jahren vom Architekten Franz Baumgartner, dem bedeutendsten Vertreter dieser besonderen Mischung aus Jugendstil, Regionalromantik, Barock und englischer Landhausarchitektur.
Sympathischer Hotspot: Velden am Wörthersee
Vielleicht bilde ich es mir ein, aber kurz vor Velden macht sich an Bord eine aufgeregte Stimmung breit. So, als näherten wir uns dem Höhepunkt der Fahrt zwischen Ost- und Westufer. Der Abfahrtshafen in Klagenfurt ist längst außer Sicht, Pörtschach liegt dazwischen – und überhaupt: Der Wörthersee misst stolze 16,5 Kilometer in der Länge, bei einer Fläche von rund 20 Quadratkilometern. Und noch eine Zahl, die beeindruckt: Er ist bis zu 90 Meter tief!
Kleiner und großer Luxus
Die Ankunft in Velden, direkt vor dem Schloss Velden, hat – zugegeben – etwas Märchenhaftes. Allen wechselnden Besitzern ist es offenbar gelungen, den Mythos des Hauses über die Jahrhunderte zu bewahren: Ob als Adelssitz, Kulisse berühmter Fernsehproduktionen oder luxuriöses Hotel, das Schloss wusste stets, sich in Szene zu setzen. So gut wie alle Passagiere zücken rasch ihr Mobiltelefon, um das ikonische Motiv festzuhalten, bevor sie über die Gangway wieder festen Boden betreten.
An der Veldener Seepromenade geht es gerade beschaulich zu, die meisten Urlauber sind beim Baden. Schicke Sonnenschirme in kräftigem Colorblocking säumen das Ufer, ob in den Hotelbädern oder im öffentlichen Strandbad der Gemeinde Velden – das ebenfalls mit bester Lage punktet.
Auf der Hauptstraße, dem Corso, herrscht Hochbetrieb in den Gastgärten, obwohl die Temperaturen inzwischen ordentlich Fahrt aufgenommen haben. Apropos: In einem Defilee aus historischen Luxusautos wie Bentley, Porsche, Rolls-Royce und Lamborghini werden die besonders Reichen und Schönen sogar von der Polizei durch den Ort eskortiert.
Kulinarisches Finale
Doch unser persönliches Grande Finale findet heute im „Seespitz“ statt – in der exquisiten Kulinarik-Seelocation zu Füßen des Schlosshotels. Ein würdiger Abschluss darf sein.
Die Aussicht bei Himbeer-Joghurt-Torte und gerührtem Eiskaffee ist formidabel – und hat wie überall am Wörthersee ihren Preis. Aber der süße Genuss, der direkt aus der vielfach prämierten Schlossküche kommt, lässt alle irdisch-banalen Bedenken verstummen. Meine Empfehlung: einfach staunen und genießen.




Genussadressen in Velden
- Seespitz Restaurant, Schlossweg 1, 9220 Velden am Wörthersee
Gehört zum luxuriösen Schlosshotel Velden, das nur durch die Uferstraße getrennt dahinter liegt. Direkt am Wasser kann man speisen oder Süßes, Cocktails und Snacks genießen. Achtung: Küchenpause zwischen 16.30 und 18 Uhr.
- Weinbar Carinthia, Karawankenplatz 3, 9220 Velden am Wörthersee
Beste Weinbar weit und breit, mit umfassendem Angebot – auch glasweise. Es gibt Kleinigkeiten zu essen. Vor dem Lokal sitzend hat man freien Blick auf jene, die in ihren Luxusautos gesehen werden wollen.
Zeit für die Rückfahrt
Erste Regentropfen fallen. Selbst die abgehärteten Profis unter den Bootsfahrern decken vorsorglich ihre Gefährte ab: Die Gewitterwolken wirken bedrohlich.
An der Anlegestelle warten bereits einige ungeduldig auf den letzten Kurs des Tages. Männer mit Bürstenhaarschnitt suchen Schutz unter dem schütteren Blattwerk junger Bäume. Der Kapitän kommt zu den Wartenden und informiert, dass ein Anfahren aller geplanten Stationen nicht garantiert werden kann. Woraufhin sich die Schlange merklich verkürzt – manche verzichten eher widerwillig auf den abendlichen Ausflug in eines der schicken Wörthersee-Restaurants.
An Bord verdrücken sich die Fahrgäste ins Innere des Schiffs, während es draußen regnet. Das Seewasser ist nun dunkelgrün und trägt kleine weiße Schaumkronen. Die Matrosen der Wörthersee Schifffahrt haben nach einem langen Arbeitstag immer noch alle Hände voll zu tun – mit zahlreichen An- und Ablegemanövern, die sie selbst bei Wellengang souverän meistern.
Während draußen das Seewasser an den Fenstern hochspritzt, gönnen sich mein Friulaner und ich uns einen letzten Drink: einen spritzigen Prosecco. Und ich weiß schon jetzt, was die Nacht bringen wird: Träume in Türkis.

Hinweis: Die Halte während der Fahrt können natürlich individuell zusammengestellt werden, es gibt noch einige weitere Wörthersee-Orte mit Anlegestelle. Wer bestimmte Lokale aufsuchen möchte, sollte sich vorher über die Öffnungszeiten (vor allem der Küchen!) informieren, damit es keine Enttäuschungen gibt. Unsere an einem Samstag in der Hauptsaison durchgeführte Tour funktioniert so, dass die erwähnten Lokale geöffnet haben und sich der Aufenthalt gut ausgeht (siehe auch Hinweise bei den Tipps).